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Muss ich nach der Scheidung Unterhalt für meinen Ehepartner bezahlen?
Unterhalt nach der Scheidung
Nach der Scheidung gilt eigentlich der Grundsatz, dass jeder der geschiedenen Eheleute für sich allein zu sorgen hat. Eigentlich. Von diesem Grundsatz gibt es aber auch nach der Unterhaltsrechtsreform noch immer gewichtige Ausnahmen.
Betreuungsunterhalt
Unterhalt kann nach der Scheidung verlangen, wer wegen der Betreuung eines gemeinsamen Kindes nicht oder nur vermindert berufstätig sein kann. Es muss sich aber um ein gemeinsames Kind handeln, hierzu zählt auch ein gemeinsam adoptiertes Kind. Die Betreuung eines Kindes aus einer früheren oder späteren Beziehung berechtigt dagegen nicht zum Unterhalt.
Außerhalb der Fachpresse war anlässlich der Unterhaltsrechtsreform gelegentlich zu lesen, Betreuungsunterhalt gäbe es nur noch bis zum vollendeten 3. Lebensjahr des Kindes der geschiedenen Ehefrau, danach müsse die geschiedene Ehefrau wieder vollständig arbeiten und habe keinen Unterhaltsanspruch mehr gegen ihren geschiedenen Ehemann. Diese Aussage ist in ihrer Absolutheit falsch.
Ab welchem Alter des Kindes wieder eine Berufstätigkeit verlangt werden kann, lässt sich vielmehr nicht generell sagen, auch hier kommt es - wie immer im Unterhaltsrecht - auf die Umstände des Einzelfalls an. Das Gesetz spricht davon, dass mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt vom geschiedenen Ehegatten wegen der Betreuung des Kindes /der Kinder verlangt werden kann. Unter Berücksichtigung der Belange des Kindes und der örtlichen Möglichkeiten der Kinderbetreuung sowie der Dauer der Ehe und der Erwerbstätigkeit während der Ehe kann sich die Dauer des Anspruchs wegen Kinderbetreuung erheblich verlängern.
Kind- oder elternbezogene Gründe, die zu einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus aus Gründen der Billigkeit führen könnten, sind vom Unterhaltsberechtigten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen
Die Betreuungsbedürftigkeit des Kindes ist nach den individuellen Verhältnissen zu ermitteln. Nur wenn das betroffene Kind einen Entwicklungsstand erreicht hat, in dem es unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zeitweise sich selbst überlassen bleiben kann, kommt es aus kindbezogenen Gründen insoweit nicht mehr auf eine vorrangig zu prüfende Betreuungsmöglichkeit in einer kindgerechten Einrichtung an.
Kindbezogene Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts nach Billigkeit entfalten im Rahmen der Billigkeitsentscheidung das stärkste Gewicht und sind deswegen stets vorrangig zu prüfen.
Allerdings hat der Gesetzgeber mit der Neuregelung des Betreuungsunterhalts zum 1. 1. 2008 für Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahres grundsätzlich den Vorrang der persönlichen Betreuung gegenüber anderen kindgerechten Betreuungsmöglichkeiten aufgegeben. In dem Umfang, in dem das Kind nach Vollendung des dritten Lebensjahres eine kindgerechte Einrichtung besucht oder unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse besuchen könnte, kann sich der betreuende Elternteil also nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des berufen. Zu prüfen ist auch, ob der andere Elternteil zur stundenweisen Betreuung des Kindes zur Verfügung steht, um so eine Erwerbstätigkeit zu ermöglichen.
Die Berücksichtigung elternbezogener Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts ist hingegen Ausdruck der nachehelichen Solidarität. Maßgeblich ist dabei das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Betreuung. Das Vertrauen des unterhaltsberechtigten Ehegatten gewinnt bei längerer Ehedauer oder bei Aufgabe der Erwerbstätigkeit zur Erziehung gemeinsamer Kinder weiter an Bedeutung. Die ausgeübte oder verlangte Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils darf neben dem nach der Erziehung und Betreuung in einer Tageseinrichtung verbleibenden Anteil der persönlichen Betreuung nicht zu einer überobligatorischen Belastung des betreuenden Elternteils führen.
Unter Berücksichtigung des konkreten Betreuungsbedarfs ist dann eine Prüfung geboten, ob und in welchem Umfang die Erwerbsobliegenheit des unterhaltsberechtigten Elternteils auch während der Zeit der möglichen Betreuung des Kindes in einer kindgerechten Einrichtung eingeschränkt ist.
Beispiel:
M und F wohnen auf dem Land, einen Ganztageskindergarten gibt es nicht. M verdient gut. Mit seiner Zustimmung ist F nach der Geburt des Kindes zu Hause geblieben und hat sich ganz der Betreuung der 4- und 2-jährigen Kinder gewidmet. Die Ehe wird geschieden. Es wird nicht verlangt werden können, dass F sofort nach der Vollendung des dritten Lebensjahres des jüngeren Kindes einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nach geht. F wird für eine angemessene Übergangszeit auch weiterhin einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt gegen ihren geschieden Mann haben.
b) Ausbildungsunterhalt
Wer wegen der Ehe seine Schul- oder Berufsausbildung abbricht oder gar nicht erst beginnt, hat einen Anspruch auf Unterhalt gegen den geschiedenen Ehepartner, wenn er so schnell wie möglich nach der Scheidung eine seinen Fähigkeiten und Begabungen entsprechende Ausbildung fortsetzt oder mit ihr beginnt. Dies gilt selbst dann, wenn zum Zeitpunkt des Abbruchs oder der Nichtaufnahme der Ausbildung die Ehe noch nicht geschlossen war. Es genügt, wenn die Entscheidung "in Erwartung der Ehe" erfolgte, also ernsthafte Heiratspläne bereits existierten. Die (bevorstehende) Ehe muss nicht das alleinige Motiv für den Abbruch oder die Nichtaufnahme der Ausbildung gewesen sein. Für den Unterhaltsanspruch genügt es, wenn die Entscheidung auch auf der Ehe beruhte.
c) Unterhalt wegen Arbeitslosigkeit
Wer keine Kinder (mehr) betreuen muss und eine angemessene Ausbildung hat, ist verpflichtet, seinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Bei 4 Millionen Arbeitslosen wird dies jedoch nicht immer sofort gelingen. Unterhalt kann nach der Scheidung daher auch derjenige verlangen, der trotz entsprechender Bemühungen keinen angemessenen Arbeitsplatz finden kann. Bei der Frage, ob eine Arbeitsplatz angemessen ist, kommt es auf die Ausbildung, die Fähigkeiten, das Alter und den Gesundheitszustand des arbeitslosen Ehepartners und auf die ehelichen Lebensverhältnisse unter Berücksichtigung der Ehedauer und Zeiten der Kindererziehung an.
Beispiel:
Die Arzthelferin heiratet ihren Chef. Während der 20-jährigen Ehe steigt er zum Chefarzt einer Klinik auf, sie "bleibt zu Hause" und erzieht zwei Kinder. Ist es ihr zumutbar nach der Scheidung wieder als Arzthelferin zu arbeiten ? Die meisten Gerichte dürften dies verneinen, da dies nach den ehelichen Lebensverhältnissen nicht "angemessen" sei und ihr deshalb einen Unterhaltsanspruch zu billigen. Über dieses Ergebnis lässt sich trefflich streiten.
d) Unterhalt wegen Krankheit und Alter
Wer nach der Scheidung aufgrund einer Krankheit oder wegen seines Alters nicht für sich sorgen kann, hat ebenfalls einen Anspruch auf Unterhalt. Eine feste Altersgrenze gibt es nicht, auch hier kommt es wieder auf den Einzelfall (Gesundheitszustand, Ausbildung, bisherige Berufstätigkeit) an. Etwa ab dem 55. Lebensjahr kann an einen Unterhaltsanspruch wegen Alters gedacht werden.
e) Aufstockungsunterhalt
Schließlich kann auch derjenige Unterhalt verlangen, der trotz einer "angemessenen Berufstätigkeit" seinen "vollen" Unterhalt nicht verdienen kann. Dem geschiedenen Ehegatten wird damit eine "Lebensstandardgarantie" zugebilligt. Er hat einen Anspruch darauf, sein Leben auf dem bisherigen "Konsumniveau" fortzusetzen.
Beispiel:
Selbst wenn man es für zumutbar und angemessen hält, dass die oben unter c) erwähnte Arzthelferin nach der Scheidung von dem Chefarzt wieder in ihren erlernten Beruf zurückkehrt, so wird ihr geschiedener Mann damit nicht von allen Unterhaltspflichten frei. Mit dem als Arzthelferin erzielten Einkommen wird es ihr nämlich wahrscheinlich nicht gelingen, ihren gewohnten Lebensstandard, der durch das "Chefarztgehalt" ihres Ehemannes geprägt war, zu halten. Ihr steht daher zur Aufrechterhaltung ihres Lebensstandards ein Anspruch auf "Aufstockungsunterhalt" gegen ihren geschiedenen Ehemann zu.
Es ist darauf hinzuweisen, dass die vorgenannten "Unterhaltstatbestände" durchaus nacheinander eintreten können.
Beispiel:
Die geschiedene Ehefrau betreut zunächst zwei gemeinsame Kinder. Nachdem diese "flügge" sind, setzt sie ihre wegen der Ehe abgebrochene Ausbildung fort. Nach dem Ende der Ausbildung findet sie zunächst keinen ihrer Ausbildung und den ehelichen Lebensverhältnissen angemessenen Arbeitsplatz. Schließlich erkrankt sie schwer und hat nach ihrer Gesundung ein Alter erreicht, in dem ihr eine Tätigkeit in dem erlernten Beruf nicht mehr zugemutet werden kann. Für ihren geschiedenen Ehemann kann dies eine lebenslängliche Unterhaltspflicht bedeuten.
Die Höhe des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt errechnet sich ebenso wie die des Trennungsunterhalts (siehe oben unter 1.): Von der Differenz der beiden Einkommen (unter "Vorwegabzug" des eventuell zu zahlenden Kindesunterhalts) stehen dem Berechtigten 3/7 zu. Freiwillige Zuwendungen" von Dritten bleiben dabei auf beiden Seiten außer Betracht.
Beispiel:
Nach der Scheidung zieht der Ehemann in das Haus seiner Eltern, er wohnt dort "mietfrei". Die Ehefrau wird von ihren Eltern mit monatlich 250 € unterstützt. Diese "Zuwendungen" bleiben bei der Unterhaltsberechnung auf beiden Seiten unberücksichtigt.
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