Ausschluss und Kürzung von Unterhaltsansprüchen wegen "grober Unbilligkeit"

Wie soeben gezeigt, kann es vorkommen, dass sich für einen geschiedenen Ehegatten aufgrund der verschiedenen nachehelichen Unterhaltstatbestände langjährige, wenn nicht sogar lebenslange Unterhaltspflichte ergeben, die von dem Betroffenen oft nur noch als "Unterhaltsknechtschaft" empfunden werden.

Es kann zu "grob unbilligen" Ergebnissen kommen, in diesen Fällen kann das Gericht den bestehenden Unterhaltsanspruch versagen, herabsetzen oder zeitlich befristen. Am stärksten "geschützt" ist dabei der Unterhaltsanspruch wegen Kindesbetreuung. Wird dem die Kinder betreuenden Unterhaltsberechtigten der Unterhalt versagt oder gekürzt, so sind die Kinder meist mit betroffen.

In folgenden Fällen ist eine völlige Versagung, Kürzung oder Befristung des nachehelichen Unterhalts möglich:

Kurze Ehedauer

Eine feste "Maßeinheit" gibt es hierfür nicht. 2 Jahre werden allgemein noch als "kurz" angesehen, 3 bis 4 Jahre hingegen nicht mehr. "Gemessen" wird die Zeit von der Heirat bis zur Zustellung der Scheidungsantragsschrift (also nicht die Zeit bis zur Trennung !). Ein Unterhaltsanspruch wegen Kinderbetreuung besteht trotz kurzer Ehedauer in der Regel bis zum Ende der Kinderbetreuung.

Im übrigen gibt es eine Tendenz bei den Gerichten, die Dauer der Unterhaltspflicht "spiegelbildlich" auf die Dauer der Ehe zeitlich zu befristen. Dies ist jedoch keineswegs zwingend und muss im Einzelfall nach oben wie nach unten auf seine Billigkeit geprüft werden.

Straftaten gegen den Unterhaltsverpflichteten

Wer eine schwere Straftat gegen den Unterhaltsverpflichteten begeht, hat seine Unterhaltsanspruch möglicherweise verwirkt. Hierunter fällt beispielsweise auch die Ehefrau, die ihren Ehemann wider besseres Wissen des sexuellen Missbrauchs an den Kindern bezichtigt.

Mutwillig herbeigeführte Bedürftigkeit

Hierzu gehört die grundlose Aufgabe oder Reduzierung eines Arbeitsverhältnisses. Alkohol- oder Drogensucht führen erst dann zur mutwilligen Herbeiführung der Bedürftigkeit, wenn eine Entziehungskur abgelehnt oder abgebrochen wird.

Nichteheliche Lebensgemeinschaft mit neuem Partner

Wer nach der Scheidung wieder heiratet, verliert den Unterhaltsanspruch gegen den geschiedenen Ehegatten. Unterhaltspflichtig ist nur der neue Ehegatte. Um den Unterhaltsanspruch nicht zu gefährden, kann es nahe liegen, den neuen Partner gerade nicht zu heiraten, sondern "so" mit ihm zusammen zu leben. Jedenfalls behaupten viele Unterhaltsverpflichtete dies von ihrem geschiedenem Partner.

Wenn dem tatsächlich so ist, kann ein solches Zusammenleben mit einem neuen Partner erst dann zu einem Verlust des Unterhaltsanspruchs führen, wenn sich die neue Partnerschaft "verfestigt" hat. Dies ist erst nach zwei bis drei Jahren des Zusammenlebens der Fall. Vorher ist ein völliger Ausschluss des nachehelichen Unterhaltsanspruchs im Regelfall nicht möglich.

Allerdings muss sich der Unterhaltsberechtigte, der einen neuen Partner gefunden hat und mit ihm zusammenzieht vom ersten Tage an dasjenige auf seinen Unterhalt anrechnen lassen, was die Partner durch die neue Partnerschaft sparen. Dies kann bei einem Zusammenleben mit dem neuen Partner zum Beispiel die Hälfte der Miete sein. Wer dem neuen Partner den Haushalt führt, muss sich anrechnen lassen, was der andere durch das Nichteinstellen einer Haushaltshilfe einspart.

Im übrigen sei darauf hingewiesen, dass spätestens mit der Scheidung auch die Pflicht zur ehelichen Treue endet. Wer danach ein intimes Verhältnis mit einem anderen eingeht, kann hierdurch allein seinen Unterhaltsanspruch nicht verlieren. Dabei bleibt es, wenn die neue Partnerschaft sich auf wechselseitige Besuche und gemeinsame Freizeitaktivitäten beschränkt, ohne dass die Partner gegenseitig Verantwortung füreinander übernommen hätten.

Offensichtlich schwerwiegendes einseitiges Fehlverhalten

Wenn dem Unterhaltsberechtigten ein "offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt", kann er damit seinen Unterhaltsanspruch verlieren.

Was darunter zu verstehen ist, ist nur schwer zu definieren. Es besteht die Gefahr, dass das für die Scheidung abgeschaffte "Schuldprinzip" (vergleiche dazu den Abschnitt über die Voraussetzungen der Scheidung) im Unterhaltsrecht durch die "Hintertür" wieder eingeführt und die "schmutzige Wäsche" der Ehe jetzt hier gewaschen wird.

Als klassisches Beispiel wird das "Ausbrechen aus intakter der Ehe und die grundlose Zuwendung zu einem anderen Partner" genannt.

Aber: Ist das nicht ein Widerspruch in sich ? Zeigt die Zuwendung zu einem anderen Partner nicht gerade, dass die Ehe eben nicht intakt war ?

Jedenfalls gibt es in der Praxis kaum Fälle, in denen das Scheitern der Ehe wirklich ausschließlich und allein auf das Fehlverhalten nur einer Seite zurückzuführen ist. In den allermeisten Fällen haben beide Eheleute ihr "Scherflein" zum Scheitern der Beziehung beigetragen, so dass dieser Ausschlussgrund tatsächlich nur selten zur Anwendung gelangt.

Wer sich dennoch auf ihn berufen will, muss sich bewusst sein, dass damit die gesamte "Ehegeschichte" in allen Einzelheiten vom Gericht analysiert und bewertet werden muss.

Die vorgenannten Gründe für einen Ausschluss und eine Reduzierung des nachehelichen Unterhalts gelten - mit Ausnahm der Fallgruppe "kurze Ehedauer" - sinngemäß auch für den Trennungsunterhalt.

Da die Ehe in diesem Fall noch andauert, kann sich der Unterhaltsverpflichtete naturgemäß nicht auf die Kürze der Ehe berufen. Wegen des Andauerns der Ehe sind an eine "grobe Unbilligkeit" auch im übrigen höhere Anforderungen zu stellen. Eine Unterhaltszahlung wenigstens für die begrenzte Dauer des Getrenntlebens erscheint in vielen Fällen eher zumutbar als für die Zeit nach der Scheidung.