Die elterliche Sorge für Kinder

Aus der früheren "elterlichen Gewalt" ist die elterliche Sorge geworden. Bereits dieser Begriffswechsel zeigt, um was es geht.

Nach dem gesetzlichen Leitbild ist das Kind nicht bloßes "Erziehungsobjekt".

Vielmehr haben die Eltern die Pflicht und das Recht, (das Gesetz nennt die Pflicht ausdrücklich an erster Stelle) für das minderjährige Kind zu sorgen (elterliche Sorge).

Zu diesem gesetzlichen Leitbild gehört, dass das Gesetz den Eltern als "Erziehungsstil" vorschreibt, die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsbewusstem Handeln zu berücksichtigen. Fragen der elterlichen Sorge sind - dem Entwicklungsstand des Kindes angemessen - mit diesem zu besprechen, es ist Einvernehmen mit dem Kind anzustreben.

Ziel der Erziehung ist die Entwicklung einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit.

Die elterliche Sorge teilt sich in die Personensorge und die Vermögenssorge. Sie steht Eheleuten gegenüber ihren gemeinsamen Kindern grundsätzlich gemeinsam zu.

Die alle persönlichen Angelegenheiten des Kindes umfassende Personensorge beinhaltet insbesondere die Pflicht und das Recht, das Kind zu pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen.

Kinder haben dabei ein Recht auf gewaltfreie Erziehung: Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen erklärt das Gesetz ausdrücklich für unzulässig.

Die Eltern bestimmen - unter Anwendung des oben genannten Erziehungsstils - somit unter anderem

  • wo das Kind wohnt

  • ob und welchen Kindergarten und welche Schule es besucht und welchen Beruf das (minderjährige) Kind ergreift. In Angelegenheiten der Ausbildung und des Berufes haben die Eltern auf die Eignung und Neigung des Kindes Rücksicht zu nehmen und sich im Zweifel bei einem Lehrer oder einer anderen geeigneten Person Rat einzuholen.

  • wie und wo es seine "Freizeit" (Sport, musische Ausbildung, Medien-Konsum, Besuch von Veranstaltungen, etc.) verbringt.

  • welche ärztlichen Untersuchungen, Vorsorgemaßnahmen und Heileingriffe durchgeführt werden sollen.

  • mit wem das Kind Umgang hat und mit wem nicht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Großeltern, Geschwister (z.B. volljährige Geschwister, die nicht mehr im elterlichen Haushalt wohnen) und Personen, bei denen das Kind längere Zeit in Familienpflege war, eine eigenes Besuchsrecht haben, wenn dies dem Wohl des Kindes dient.

  • die Konfession des Kindes (endend mit dem 14. Lebensjahr).

Vermögenssorge bedeutet, dass das gesamte Kindesvermögen - ohne Rücksicht auf seine Herkunft - grundsätzlich durch die Eltern in eigener Verantwortung verwaltet wird. Die Eltern sind die gesetzlichen Vertreter des Kindes in allen Angelegenheiten.

Ausgenommen von der elterlichen Vermögenssorge sind:

  • Mittel, die dem Kind zur freien Verfügung überlassen worden sind (Taschengeld). Zur Entwicklung einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit gehört die Zahlung eines solchen Taschengeldes. Dessen Höhe bestimmen die Sorgerechtsberechtigten nach freiem Ermessen unter Berücksichtigung ihrer eigenen Einkommensverhältnisse. Es ist vorgeschlagen worden als Richtwerte 5 - 10 % der Bedarfssätze der "Düsseldorfer Tabelle" (siehe dazu das Kapitel zum Kindesunterhalt) anzunehmen. Ein Anspruch des Kindes auf Auszahlung des staatlichen Kindergeldes besteht nicht. Ebenso wenig sind die Eltern verpflichtet, dass Kindergeld für das Kind "anzusparen", denn das Kindergeld ist dazu bestimmt, Familien oder Alleinerziehende zu entlasten.

  • Erbschaften oder Schenkungen an das Kind bei denen der Erblasser bzw. Schenker ausdrücklich bestimmt hat, dass das übertragene Vermögen nicht durch die Eltern verwaltet werden soll. Einer solchen Anordnung ist Folge zu leisten.

  • Für eine Reihe von Geschäften, die die Eltern als gesetzliche Vertreter im Namen ihres Kindes abschließen wollen, bedürfen sie der Genehmigung des Familiengerichts.
    Dies sind u.a.

    • Grundstückskäufe und Verkäufe

    • die Verfügung über das Vermögen als Ganzes

    • der Erwerb oder die Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts sowie der Abschluss eines Gesellschaftsvertrages

    • die Eingehung eines Miet- oder Pachtverhältnisses, wenn dieses länger als ein Jahr nach der Volljährigkeit fortdauern soll.

    • die Aufnahme von Darlehen

    • die Ausschlagung eines Erbschaft oder eines Vermächtnisses sowie der Verzicht auf ein Pflichtteil. Dies gilt nicht, wenn die Erbschaft erst durch die Ausschlagung durch einen Elternteil bei dem Kind anfällt.

Die Personen- und Vermögenssorge steht den Eltern - wie bereits erwähnt - gemeinschaftlich zu. Bei Meinungsverschiedenheiten müssen sie versuchen, sich zu einigen. Nur bei Gefahr in Verzug (Beispiel: Unfall des Kindes - ein Elternteil ist nicht zu erreichen) ist jeder Elternteil berechtigt, die notwendigen Rechtshandlungen (hier: Einwilligung in lebensrettende Operation) allein zu treffen. Der andere Elternteil ist anschließend unverzüglich zu benachrichtigen.

Können sich die Eltern in einer bestimmten Angelegenheit, die von erheblicher Bedeutung für das Kind ist, nicht einigen, so kann jeder von ihnen das Familiengericht anrufen. Ein Antragsrecht des Kindes besteht indes nicht. Das Familiengericht entscheidet die Angelegenheit nicht selbst, sondern überträgt einem Elternteil die Entscheidungsbefugnis.

Die Grenzen des elterlichen Sorgerechts sind erreicht, wenn das Wohl des Kindes gefährdet ist.

Eine Kindeswohlgefährdung liegt vor bei einer gegenwärtigen oder zumindest nahe bevorstehenden Gefahr für die Entwicklung des Kindes, die so ernst zu nehmen ist, dass sich eine erhebliche Gefährdung des körperlichen, geistigen oder sittlichen Wohls oder des Kindesvermögens mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt.

Die Kindeswohlgefährdung kann eintreten durch

  • einen Missbrauch des Sorgerechts (z.B.: sexueller Missbrauch, Anstiftung zu Straftaten)
  • eine Vernachlässigung des Kindes (z.B. Unterernährung)
  • ein unverschuldetes Erziehungsversagen (Geisteskrankheit, Drogensucht der Eltern)
  • einem Verhalten eines familienfremden oder hausangehörigen Dritten (Abgabe von Drogen).

Ist das Kindeswohl gefährdet, so muss das Familiengericht in Ausübung des "staatlichen Wächteramtes" von Amts wegen einschreiten und die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßnahmen treffen.

Dies kann von der Ersetzung einer Erklärung (Ablehnung einer lebensnotwendigen Bluttransfusion durch die Eltern aus religiösen Gründen) über den Ausspruch von Umgangsverboten, dem Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts (zeitweilige Unterbringung des Kindes in einer Pflegefamilie) bis zum völligen Entzug sowohl der Personen- als auch der Vermögenssorge gehen, wenn mildere Mittel nicht ausreichen.